Hobrechtsfelde sagte mir bisher nur vom Namen und der ungefähren Lage etwas. Eine Pflastersteinstraße führt durch die Ansammlung von gepflegten Gebäuden und abgesehen vom Gut Hobrechtsfelde, das als ein Besucherzentrum dient, gibt es hier wenig zu sehen. Als Stadtgut entstand Hobrechtsfelde Anfang des 20. Jahrhunderts, um den Menschen ein Zuhause zu geben, die sich um die Rieselfelder kümmerten. Ohne Hobrechtsfelde hätte es quasi kein sauberes Berlin gegeben. Der Name bezieht sich auf den Stadtplaner James Hobrecht, der Ende des 19. Jahrhunderts in Berlin eine Stadtentwässerung einführte. Was für uns heute selbstverständlich ist, ein Abwassersystem und eine sinnvolle Aufbereitung des Abwassers, war zu diesen Zeiten einer der wichtigsten Faktoren, um Berlin zur Weltstadt zu machen. Dass Rieselfelder nicht die optimale Lösung für Abwasser darstellen und Klärwerke sie ablösten, führte dazu, dass heute rund um Hobrechtsfelde die Flächen in verschiedene Naturprojekte überfuhrt wurden. Dazu gehören diverse Wege des Projekts „Steine ohne Grenzen“ oder ein Waldweideprojekt.
Steinskulpturen und Natur
Steine ohne Grenzen ist ein Projekt der Bildhauer Silvia Fohrer und Rudolf Kaltenbach. Zu Ehren des abstrakten Künstlers Otto Freundlich lassen sie seine Idee einer Straße, die Völker durch Kunst verbindet, als Straße des Friedens wieder aufleben. Freundlich selbst galt unter den Nationalsozialisten als Vertreter „entarteter Kunst“ und starb im KZ Majdanek. In Berlin gibt es verschiedene Skulpturenwege dieses Projekts. In Hobrechtsfelde führt der Pfad entlang der ehemaligen Rieselfelder. 120 Skulpturen von Künstlern aus 30 Nationen gibt es auf verschiedenen Wegen zu entdecken. Am Startpunkt der von uns gewählten Tour erinnerte zudem ein Mahnmal an Opfer des Nationalsozialismus. Das Denkmal ist für die Kinder der Zwangsarbeiter:innen, die in Buch und in den Rieselfeldern arbeiten mussten. 123 Kindernamen in Kinderschrift erinnern auf Marmorplättchen an diejenigen, die aufgrund von Mangelernährung oder fehlender medizinischer Versorgung starben. Wir spazierten durch lichte Wälder entlang von Wiesen. Die ehemaligen Rieselfelder haben die Landschaft geprägt. Es ist kein klassischer Waldspaziergang. Neben den regelmäßig am Wegesrand auftauchenden Skulpturen mit kleinen Informationstafeln gibt es Bänke und teilweise Picknicktische.
Zwischen Rindern und Pferden?
Das Waldweideprojekt ist ein Areal, das mit Zäunen von den anderen Wegen abgetrennt ist. Vor dem Betreten informiert eine Tafel darüber, auf den Pfaden zu bleiben, die Rinder und Pferde nicht zu füttern und Abstand zu wahren. Das war für uns nicht schwierig, denn während wir durch die Landschaft mit Wiesen, Bäumen und Lichtungen stapften, entdeckten wir keine Rinder. Einen Blick auf die Pferde erhaschten wir nur aus der Ferne. Es gibt sie also … Trotzdem ist es entspannend durch dieses Areal zu wandern, da hier die Natur in vielen Bereichen sich selbst überlassen ist. Hier trafen wir im Gegensatz zum Skulpturenweg auch auf keine anderen Menschen.
Tatsächlich scheinen die Wege rund um Hobrechtsfelde bei Sonntagsspaziergängern und Radfahrern beliebt zu sein. Wer seine Ruhe will, kommt hier am besten an einem Schlecht-Wetter-Tag vorbei.