Auf Entdeckungstour durch Berlin und die Welt
Moin-Schild an roter Ziegelmauer mit grünem Pflanzentopf

Eiderstedt im Spätsommer – eine Woche Urlaub an der Nordsee

Wer im September an die Nordsee fährt, hofft auf annehmbares Wetter, aber erwartet keinen Badeurlaub. Beim Baden machts einem die Nordsee sowieso schwer. Mal ist sie da und dann nicht. Ebbe und Flut finde ich fast genauso faszinierend wie das Meer an sich. Unsere kleine Truppe war mental darauf vorbereitet, einfach die Landschaft zu genießen und für eine Woche abzuschalten. Dafür bietet sich Eiderstedt an. Deiche, Wiesen und Strände sind quasi die Highlights der Region. Die Halbinsel entstand erst durch das menschliche Wirken und Eindeichungen.

Auch wenn uns Freunde von wenig befahrenen Straßen und optimalen Bedingungen für Fahrradtouren auf Eiderstedt berichteten, war es vor allem tagsüber auf den Landstraßen voll. Zusätzlich fehlten uns die Fahrradwege direkt an den Straßen. Mit einer sechsjährigen Anfängerin ist es nicht so angenehm viel befahrene Hauptstraßen entlang zu radeln. Vielleicht lag das an der Pandemie, dass diese Region auch im September noch gut besucht war? Letztendlich lässt es sich am besten an den Deichen oder über die Wiesen fahren. Da wir aber da erst einmal hinkommen mussten, fielen Fahrradtouren mit Kind flach.

Klassiker unter den Sehenswürdigkeiten: der Westerhever Leuchtturm

Wer auf Eiderstedt Urlaub macht ohne sich den Westerhever Leuchtturm anzusehen, verpasst das Wahrzeichen der Halbinsel. Leuchttürme sind am Meer zugegebenermaßen nichts Besonderes, aber trotzdem so schön anzuschauen. Der Westerhever Leuchtturm steht knapp einen Kilometer vor dem Außendeich. Er ist über 40 Meter hoch. Ein Weg durch die Salzwiesen führt zu ihm. Vom Parkplatz aus sind wir mit Kind etwa anderthalb Stunden zum Leuchtturm gelaufen. Und wir waren nicht allein, fast wirkte es wie ein Wallfahrtsweg, so viele Menschen waren hier unterwegs. Eigentlich gibt es zwei Varianten ihn zu erreichen: Ein asphaltierter Weg, der sich für Fahrräder, Kinderwagen und Co eignet und den historischen Stockenstieg, der etwas abenteuerlicher direkt durch die Salzwiesen führt. Der Stockenstieg ist kürzer und nur in Richtung vom Leuchtturm zurück begehbar, weil er so schmal ist. Wir entschieden uns, den kürzeren Stockenstieg zurückzunehmen. Enttäuschenderweise war der jedoch gesperrt, trotz anderweitiger Auskunft am Startpunkt der Wanderung. Tatsächlich ist der Stockenstieg mit Ziegeln und Holzstegen anfälliger gegenüber der Witterung. Zur Brutsaison und ab Herbst zur Hochzeit der Zugvögel ist er generell gesperrt, um die Vögel zu schützen. Nunja, wir mussten den gleichen Weg zurücklaufen, den wir gekommen waren. Daher mein Fazit, dass der Westerhever Leuchtturm am besten mit Fahrrad anzufahren ist oder auch von weitem gut aussieht. Denn der Weg zu ihm ist nicht so interessant. Salzwiesen, Wind, kein Schatten und vor allem viele Menschen sind jetzt nicht so abwechslungsreich. Wenn Corona vorbei ist, lassen sich die beiden Häuser am Leuchtturm, die Ausstellungen zum Wattenmeer anbieten, wieder besuchen und der Leuchtturm besteigen.

Der für mich sehenswerteste Ort: Tönning

In Tönning landeten wir zunächst, um das Wattforum zu besuchen. Das Multimar Wattforum ist ideal für Schlecht-Wettertage oder um auf unterhaltsame Weise das Wattenmeer kennenzulernen. Aquarien, Schaubilder, Mitmachaktionen und Spiele bringen das Watt als Lebensraum auf unterhaltsame Weise näher. Bei Kindern ist das Wattforum entsprechend beliebt. Als wir da waren, wuselten zahlreiche Schulklassen um uns herum. Das war zwischenzeitlich anstrengend, da kaum Ruhe zum Lesen oder Betrachten war. Mein Highlight im Wattforum war dann auch eine versteckte Nische am großen Aquarium. Sie bietet nicht sehr viel Platz, aber einen Ausblick auf die Fische des Aquariums ohne im großen Raum inmitten von Schulvorträgen sitzen zu müssen. Das Highlight unseres kleinsten Gruppenmitglieds war der Spielplatz außerhalb des Gebäudes. Von ihr aus hätten wir hier noch Stunden verbringen können …

Aber auch die Stadt ist eindeutig einen Spaziergang wert. Das liegt an den gepflegten Häusern und dem schmucken Hafen an der Eider. Direkt am Hafen ist eine kleine Promenade mit einladenden Cafés und Restaurants. Von hier aus lassen sich die Schiffe beobachten, die vor sich hindümpeln. Wer würde bei diesem kleinen Hafen daran denken, dass Tönning während der britischen Blockade des Hamburger Hafens zum wichtigsten Hafen der Region wurde? Im Hafen liegt als Zeitzeuge dieser Phase das Packhaus. Ein riesiges Backsteingebäude, das heute unter Denkmalschutz steht und früher als Lager diente. Hier gibt es eine Ausstellung zur Tönniger Stadtgeschichte. Vom Hafen aus lohnt sich ein Abstecher zum Marktplatz mit den historischen Bürgerhäusern.

Monumental: das Eidersperrwerk

Das Eidersperrwerk ist durchaus einen Stopp wert. Es gilt als eines der größten Küstenschutzbauwerke in Europa. Wer mit dem Auto oder Fahrrad drüber fährt, bekommt nur einen kleinen Eindruck von der Größe. Direkt am Sperrwerk ist ein Parkplatz und vor den Treppen auf den Damm hinauf gibts ein paar Schautafeln, die die Funktion und die Geschichte des Bauwerks erklären. Ich fand die Größe der Anlage faszinierend und die Schleuse hätte ich auch stundenlang beobachten können. Die wichtigste Funktion des Sperrwerks ist der Schutz vor Überflutungen. Eine schöne Aussicht vom Sperrwerk gibt es quasi obendrauf und es dient Küstenseeschwalben als Brutstätte.

Die graue Stadt am Meer: Husum

Eine weitere Stadt, die mich auf Eiderstedt begeisterte, ist Husum. Der schnucklige Hafen, das Schloss, Storm-Referenzen überall. Hierher würde ich gerne noch einmal kommen, um mir alles etwas genauer anzuschauen. Unsere kleine Stadttour begann am Hafen bei Ebbe mit dem obligatorischen Fischbrötchen für unsere Allesesser. Zufrieden und gesättigt schauten wir uns anschließend den Marktplatz und das Schloss an. Am Marktplatz sind die gepflegten Bürgerhäuser nett anzusehen, die eingerüstete Kirche bricht aber das historische Bild. Sehenswerter fand ich hier den Tinebrunnen. Der Marktbrunnen ist gekrönt von einer Fischersfrau-Skulptur. Die Tine erinnert an zwei prominente Wohltäter der Stadt, die sich für soziale Belange einsetzten.

Der rote Faden bei unserem Spaziergang waren immer wieder Hinweisschilder zu Theodor Storm. Wenn ich an den Deutschunterricht denke, verbinde ich Storm immer mit Meer und Melancholie. Vielleicht sollte ich die alten Bücher vorkramen und ernsthaft lesen und nicht nur als Hausaufgabe? Wir machten uns zumindest einen Spaß daraus, zu raten, in welcher Verbindung das nächste Hinweisschild zu Storm stehen würde – sein Friseur? Der Apotheker seiner Großeltern? Das Stadtmarketing feiert ihn zumindest sehr …

Das Schloss ist kein pompöser Bau, aber eindeutig einen Abstecher wert ebenso wie der Schlosspark. Am faszinierendsten am Schloss war ein historischer Brunnen, der wirklich wie aus der Zeit gefallen wirkte. Im Schloss finden Ausstellungen statt. Der Park ist vor allem aufgrund der alten und riesigen Bäume einen Spaziergang wert.

Für Storchenfreunde: der Westküstenpark

Was mich am meisten enttäuscht hat, war St. Peter-Ording. Immerhin war das der einzige Ort, von dem ich vorher schon mal etwas gehört hatte. Dementsprechend hatte ich mir eine schöne Strandpromenade vorgestellt. Was an St. Peter-Ording reizvoll ist, sind das Meer und der Strand und der Westküstenpark. Der ganze Ort ist völlig überlaufen und nur auf Touristen ausgerichtet. Die Gebäude wirken wie in den 60er Jahren hochgezogen und ab und an mit Reet verziert, um ein wenig Folklore aufkommen zu lassen. Hier lässt es sich bestimmt gut essen, aber charmant stelle ich mir anders vor. Nach einem Abstecher über die Salzwiesen an den Strand haben wir im Restaurant „Die Insel“ gegessen. Etwas hochpreisiger, aber sehr leckeres Essen mit regionalem Bezug.

In St. Peter-Ording befindet sich der Westküstenpark samt Robbarium. Er ist bekannt für das deutschlandweit größte Robbengehege. Zugegebenermaßen war ich überrascht, dass es so klein war. Wenn dass das größte ist, in welchen Gehegen müssen Robben dann in Deutschland leben?

Das Angenehme am Westküstenpark ist die Ausrichtung auf eher heimische Tiere und weniger Exoten. Das Highlight des Parks waren für mich die Störche. Noch nie habe ich so viele Störche auf einem Haufen gesehen. Es war spektakulär, sie in Gruppen ihre Runden ziehen zu sehen oder von dem stetigen Klappern begleitet zu werden. Im Park nisten bis zu 40 Störche jedes Jahr. Der Park ist von seiner Größe her übersichtlich, aber in seinen Anlagen sehr gepflegt. Ideal für einen kleinen Ausflug mit Kind und Kegel. Es gibt ein kleines Restaurant, dessen Service zwar sehr freundlich, aber dessen Speisen eher durchschnittlich sind. Es lohnt sich also, ein paar Snacks einzupacken, denn Bänke und Aussichtspunkte gibts genug.

Im Maislabyrinth verirren und im Teufelshaus essen

Das perfekte Ziel für einen Sonnentag ist das Maislabyrinth in Garding. Was sich zunächst wie ein Kinderspiel anhörte, entpuppte sich für uns als herausfordernde Aufgabe: Monster suchen, Stempel einsammeln und den Weg nicht verlieren. Auch nach zwei Stunden fehlten uns immer noch zwei Stempel und wir gaben uns geschlagen. Das Rätsel mit einem Lösungswort konnten wir jedoch erraten, sodass es zur Belohnung einen Lolli im Landladen gab. Wer auf der Suche nach regionalen Souvenirs ist, sollte hier unbedingt vorbeischauen. Denn im Laden gibt es viele Leckereien, die aus der Ernte vor Ort gemacht werden.

Typisch für die Region sind die Haubarge, große Bauernhäuser, in denen früher Bauernfamilien und Vieh zusammenlebten. Diese Häuser sind von den Straßen aus meist kaum zu sehen. Im Restaurant „Roter Haubarg“ lässt sich die Architektur jedoch gut von Nahem bewundern.

Das Essen ist sowieso empfehlenswert, aber nicht günstig. Dafür gab es als Amuse-Gueule frische Fischhappen. Auch für Vegetarier und Veganer steht etwas auf der Speisekarte. Während der Wartezeit auf das Essen oder auch danach, ist es möglich, das hauseigene, kostenlose Museum zu besuchen. Dort gibt es Fotos zur Geschichte des Hauses und Informationen über die örtliche Sage. Denn der Rote Haubarg ist nicht einfach nur ein altes Bauernhaus, sondern entstand angeblich durch den Teufel, der es wegen einer Wette erbaute. Gleich noch ein wenig Mythen und Sagen der Region Eiderstedt mit einem Restaurantbesuch abgedeckt.

Ehrlicherweise steppt auf Eiderstedt nicht gerade der Bär. Der Urlaub lohnt sich hier vor allem für diejenigen, die Wattenmeer, Natur und Ruhe fernab der Großstadt mögen. Aber das Wandern durch Schafherden und über die Dünen hat schon etwas Entspannendes, sodass ich die Halbinsel nur weiterempfehlen kann.

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