Von Berlin aus nach Südfrankreich ist schon ein ordentlicher Ritt. Mit dem Wohnmobil lässt sich glücklicherweise problemlos ein Zwischenstopp einlegen. Nach einer Nacht in Nürnberg und zwei Nächten in Italien waren wir bereit für das blaueste Meer in ganz Frankreich.
Von französischen Campingplätzen
Naiverweise dachten wir, da Ende September Nebensaison ist, passt das schon mit den freien Plätzen. Aber schon in Italien merkten wir, dass auf allen Campingplätzen noch ordentlich Betrieb war. Erst nachmittags oder gar abends anreisen, ist nur für diejenigen zu empfehlen, die anspruchslos sind. Eine zweite Herausforderung war, die Zeit vor der Mittagspause abzupassen. Teilweise sind die Rezeptionen dann bis 16 Uhr nicht besetzt.
Dafür lernten wir auf französischen Campingplätzen eine uns neue Annehmlichkeit kennen: Anstatt den zugewiesenen Platz selbst zu suchen, fuhren Mitarbeiter in kleinen Golfwagen vor und zeigten den Weg. Gerade bei größeren oder verwinkelten Campingplätzen ist das eine nette Hilfestellung.
Was wir auch schnell lernten: Traue keiner Bewertung. Von Google bis hin zu Park4night und Stellplatzradar – die Meinungen klaffen weit auseinander, was einen Campingplatz gut macht. Unsere Anforderungen waren zuallererst: genügend Platz für das Wohnmobil und akzeptable Sanitäranlagen. Sowieso, die Sanitäranlagen sind ein Thema für sich. Auf allen Campingplätzen, die wir nutzten, gab es keine Toilettenbrillen. Das vereinfacht anscheinend die Reinigung und ist hygienischer, da alles abgespritzt wird ohne dass sich Keime an der Brille sammeln können, ganz abgesehen von möglichen Insekten, die sich nicht unter die Toilettenbrille setzen können. Auf dem Campingplatz in Aix-en-Provence fehlte zusätzlich noch Toilettenpapier, auf dem in Avignon Handseife. Daher war unser erster Gang nach dem Ankommen meistens ein Abchecken der Toiletten, was denn vorhanden war und was nicht. Wer schon mal in Frankreich war, kennt die Löcher, über die sich einfach gehockt wird. Die haben wir nur unterwegs angetroffen, beispielsweise in den öffentlichen Toiletten in Antibes. Dafür waren die öffentlichen Toiletten in den Städten kostenlos und nie übermäßig verschmutzt.
Spaß mit der französischen Sprache
Aus einem Kurzbesuch in Paris wusste ich aus eigener Erfahrung: Ein paar Brocken Französisch öffnen die Herzen der Einheimischen. Auf unseren genutzten Campingplätzen konnten die meisten Angestellten Englisch. Aber gerade für den Einkauf und vor allem für die Bäckerei ist es ganz praktisch die französischen Zahlen bis 10 zu können. Ein Bonjour zur Begrüßung (oder Bonsoir am Abend) und Merci schadet sowieso nie. Diese faszinierende Fixierung auf die Muttersprache hinterließ bei mir aber bei Stadtrundgängen oder Museumsbesuchen einen enttäuschenden Beigeschmack. Viele Informationstafeln sind einsprachig und auch der Versuch, eine Stadtführung in Avignon auf Englisch zu bekommen, scheiterte daran, dass diese nur einmal in der Woche am Wochenende stattfand.
Von französischen Straßen
Auf die Maut waren wir vorbereitet. So gut, dass wir an der ersten Mautstelle das Ticket übersahen, auf den Hilfeknopf drückten, weil wir dachten, das wäre der Ausgabeknopf und uns dann schnell aus den Staub machten … Aber eigentlich ist alles ziemlich einfach: Auf Mautstrecken wartet zu Beginn ein Automat, der ein Ticket ausspuckt, das beim Abfahren von der Mautstrecke wieder in einen Automaten kommt, der dann eine unverschämt hohe Summe fordert, bevor sich die Schranke öffnet. Das Einzige, was Wohnmobilfahrer zu beachten haben, ist die richtige Spur bei einer Höhe von mehr als zwei Metern zu wählen.
Was uns auf den französischen Mautstraßen positiv beeindruckte, waren die elektronischen Anzeigen für die Parkplätze. Auf denen stand, wie viele noch für Lkw frei waren. Da wir nachts in Berlin aufgebrochen sind, waren wir in Deutschland an unzähligen überfüllten Parkplätzen vorbei gekommen, auf denen teilweise die Lkws auf den Einfahrten standen. In Frankreich wirkten die Raststätten durchdachter und auf alle Verkehrsteilnehmer abgestimmt.
Eine weitere Besonderheit waren die Total-Tankstellen, die als Staatskonzern gefördert, um ein wesentliches günstiger waren als andere Anbieter. Dementsprechend voll waren die Tankstellen, aber die Preise unterschieden sich um mehrere Cent je Liter, sodass es das Warten wert war. Wir hatten zudem Glück, denn erst kurz nach unserer Abreise begann der Streik der Arbeiter, sodass viele Tankstellen außer Betrieb waren.
Patisserie, Croissants und Savoir-vivre
Das Schönste an fremden Ländern ist das Entdecken der einheimischen Küche. Zugegeben als Vegetarier kann ich nur einen Teilbereich abdecken, aber auch in der französischen Küche gibt es allerlei vegetarische Leckereien. Mein persönliches Highlight war, dass wir zur Maronensaison vor Ort waren. Die schmecken sowohl in süßer als auch herzhafter Zubereitung.
Sehr angenehm ist auch, dass in Restaurants das Leitungswasser immer kostenlos zum Essen dazu ist. Zumal dieses dann auch gefiltert ohne jeglichen Chlorgeschmack ist. Denn das Leitungswasser in Frankreich hat seine Tücken: Klar als Trinkwasser ausgewiesene Leitungen auf Campingplätzen lieferten nur Wasser mit leichtem Chlorgeschmack.
Gerade für diejenigen, die sich durch die einheimische Küche testen wollen, sind die Tagesmenüs ideal. Sie sind fester Bestandteil vieler französischer Restaurants und bieten eine Vorspeise, ein Hauptgericht und ein Dessert. Die Mittagszeiten sind hervorragend für Rentner geeignet, denn ab 14 Uhr schließen viele Restaurants und machen erst wieder abends auf. Nach unserem ersten Tag konnten wir uns dieser Gewohnheit aber schnell anpassen, indem wir uns zum Mittag einfach ein Sandwich gönnten.
Von Nizza und Aix-en-Provence
Die Cote d’Azur ist lang. In Antibes verbrachten wir am meisten Zeit. Andere Städte haben wir nur auf einem Tagesausflug kennengelernt. Nizza beispielsweise lag eine halbe Stunde Fahrzeit entfernt. Vom Campingplatz aus sind wir auf einem Fahrradweg nahezu die ganze Strecke lang immer am Meer entlang gefahren. Berühmt ist Nizza für seine Strandpromenade. Tja, ein Steinstrand und viele schöne Gebäude auf der Promenade, darunter sehr alte Hotels, sind nicht die Highlights, nach denen ich im Urlaub suche. Mir lag ein Spaziergang durch die Stadt dann schon eher. Viele entzückende Boutiquen, verwinkelte Straßen und Läden gibt es zu entdecken. Wer gerne shoppt, darf sich Nizza nicht entgehen lassen.
Mein Highlight war aber das Museum für moderne und zeitgenössische Kunst. Die Ausstellung zog sich bis auf eine Dachterrasse, die gleichzeitig einen tollen Ausblick auf die Stadt bot. Wer Museen oder Kunst mag, findet in Nizza Spuren von Renoir und Picasso und über zehn öffentliche Kunstmuseen und noch viel mehr Galerien. Nizza hat übrigens beeindruckend gepflegte Fahrradwege durch die ganze Stadt, obwohl ich es entspannender finde, die Gegend per Fuß zu erkunden.
Von der Cote d’Azur ist es nur ein Katzensprung zur Provence, einer weiteren für seine landschaftliche Schönheit bekannten französischen Region. Eine Stadt, die viele Künstler anzog und mitten in der Provence liegt, ist Aix-en-Provence. Sie ist der Geburtsort des Malers Paul Cézanne. Eine eigens mit goldenen Pflastersteinen angelegte Tour führt durch die Stadt an Stationen von Cézannes Leben vorbei. Auf dieser Tour sind wir an unzähligen Brunnen vorbeigekommen, die ich viel beeindruckender fand, als manch eine Station auf der Cézanne-Route.
Zu den schönsten Brunnen zählte für mich der Fontaine de la Rotonde am Place de la Rotonde aus dem 19. Jahrhundert. Die beeindruckenden Frauenfiguren auf der Spitze des Brunnens sind Allegorien für Gerechtigkeit, Landwirtschaft und Kunst. Erst im Nachhinein haben wir gehört, dass Aix-en-Provence als Stadt der vielen Brunnen bekannt ist. Anscheinend gibt es über 100 Brunnen zu entdecken. Ein weiteres Highlight lag jedoch direkt neben unserem Campingplatz „Camping Arc-en-Ciel“: eine alte wohlgeformte Brücke mit dem Namen Pont des trois Sautets (Brücke der drei Quellen).
Mein Fazit zu Südfrankreich: Das Essen ist lecker, das Wetter toll und es gibt so viel zu entdecken von kulturellen bis zu landschaftlichen Highlights. Leider ist Frankreich noch nie was für den schmalen Geldbeutel gewesen und für meinen nächsten Frankreichbesuch muss ich unbedingt meine Französischkenntnisse auffrischen.