Auf unserer Suche nach Campingplätzen in und rund um Avignon gab es kaum Auswahl. Wir landeten letztendlich auf einen eher durchschnittlichen Platz, der für zwei Nächte aber vollkommen in Ordnung war. Während wir am ersten Tag unseres Aufenthalts bei der Touristeninformation vorbeischauten, wurde mir klar, warum es hier wenig Campingplätze gibt: Avignon ist überraschend klein. In meinem Kopf hatte ich mir die ehemalige Papststadt als große mittelalterliche Stadt vorgestellt. Aber das Zentrum lässt sich innerhalb einer Stunde ablaufen. An Boutiquen, Geschäften und Restaurants hat Avignon trotzdem einiges zu bieten. Meine persönlichen Highlights waren aber das Fort Saint André mit seinen Gärten, der Papstpalast und eine kostenlose Fahrt über die Rhône.
Die Festung Saint André
Im nahe gelegene Örtchen Villeneuve-lès-Avignon war mein Highlight der Garten in der Festung Saint André. Der Weg dorthin war mühselig, denn das Fort lag strategisch auf dem Mont Andaon (Da ich nicht der motivierteste Bergbesteiger bin, hier der Fakt, dass der Berg nur eine Höhe von 181 Metern hat.). Dafür eröffnet sich oben ein weiter Ausblick auf das umliegende Land und Avignon. An dem Ort entstand im Mittelalter eine Abtei, die während der militärischen Nutzung zu einer Festung ausgebaut wurde. Entsprechend wuchtig wirken die Gebäude. Für Besucher stehen nur ein Teil des Bauwerks und der Garten zur Besichtigung offen. In den Räumen gibt es eine Übersicht zur Geschichte der Festung und ihrer Nutzung. Spannender als französische Infotafeln und Videos waren für mich die Räume, in der lokale Kunst zu besichtigen war (wer genug Geld hat, kann die Bilder gleich erwerben).
Nach der Tour durch das Innere warten draußen Terrassengärten. Ursprünglich als Klostergarten angelegt, verfielen sie, bis sich Anfang des 20. Jahrhunderts der Maler Gustave Fayet ihrer annahm. Heute gibt es dort einen italienischen und mediterranen Garten zu entdecken. Im Herbst roch es würzig, im Frühling ist hier wahrscheinlich alles voller Blüten.
Da wir zu Fuß unterwegs waren, führte der Weg hinauf direkt durch das Dorf. Wer sich für Architektur interessiert, plant am besten einen Spaziergang durch Villeneuve-lès- Avignon ein. Viele Kirchenobere hatten hier im Mittelalter ihre Residenz, von denen einige erhalten sind. Zu sehen und zu besteigen gibt es einen Wachturm, der ursprünglich ein Brückenturm war. Da wir aber mitten in der Mittagspause daran vorbeikamen, kann ich nicht beurteilen, ob der Besuch sich lohnt. Bis zum Turm reichte ursprünglich die Pont d’Avignon, deren eigentlicher Name Pont Saint-Bénézet ist. Schon deswegen lohnt sich das Vorbeilaufen, um zu erleben, wie lang diese mittelalterliche Brücke war.
Mit der Fähre nach Avignon
Unser Campingplatz lag auf der Barthelasse-Insel zwischen Avignon und Villeneuve-lès-Avignon. Der Weg nach Avignon dauerte zu Fuß etwa zehn Minuten, aber stilvoller ist doch die Anfahrt über den wasserreichsten Fluss Frankreichs, der Rhône. Die kleine Fähre ist kostenlos und bietet dazu einen Blick auf die Pont d’Avignon vom Wasser aus. Die Fahrt dauerte rund fünf Minuten. Aber selbst im Herbst war die Fähre ein Anziehungspunkt für Gäste, sodass es sich lohnt, vorab die Fahrtzeiten zu checken, um früh da zu sein. Die Zeiten stehen an der Anlegestelle und online. Sie fährt hin und zurück bis in den Abend hinein, sodass es reicht, Geduld zu haben und bei einer zu vollen Fähre die nächste Tour abzuwarten.
Der Papstpalast
Für den Besuch des Papstpalasts gab es ein Kombiticket zusammen mit der berühmten Brücke Pont Saint-Bénézet. Zu ihrer Erbauungszeit im 14. Jahrhundert galt sie als längste in Europa und führte über die Insel Barthelasse bis nach Villeneuve-lès-Avignon. Von der Brücke ist heute nur ein kleiner Teil erhalten. Hochwasser zerstörten sie immer wieder, sodass es zu aufwändig war, sie zu bewahren. Der letzte Rest lässt sich begehen. Das lohnt sich für alle, die gerne einen Blick auf das alte Bauwerk werfen wollen.
Von der Brücke aus lässt es sich anschließend zu den Jardin des Doms laufen. Die Gärten liegen auf einem Hügel und bieten damit einen Rundumblick auf Avignon und die Landschaft. Am Tag unseres Besuchs durften wir den Mistral kennen lernen. Ein fieser kalter Wind, der typisch für die Region ist. Dafür war der Himmel wolkenlos …
An den Gärten grenzt der Papstpalast an. Er gehört zum Weltkulturerbe und machte Avignon weltberühmt. Hier residierten „echte“ Päpste und die Gegenpäpste während des Schismas, das die katholische Kirche spaltete und erst im 15. Jahrhundert beigelegt wurde. Vor allem von außen zeigt sich die gotische Architektur mit ihrer Wuchtigkeit und Details wie den Wasserspeiern in historischer Authentizität. Im Inneren ist nur wenig aus dem 14. Jahrhundert erhalten. Der Papst zog ja samt Gefolge wieder nach Rom zurück und die Bedeutung des Palastes schwand im 15. Jahrhundert, auch wenn hier die Gegenpäpste residierten. Während der Französischen Revolution und der Umnutzung als Kaserne verschwanden die restlichen wertvollen Gegenstände. Hier lässt sich anhand der Größe der Räume und Flure erahnen, welche Bedeutung das Gebäude ursprünglich hatte.
Einen Eindruck von der Ausstattung gibt ein Tablet, das alle am Eingang erhalten. Das Tablet führt durch die Räume, gibt Informationen und lässt an bestimmten Stellen durch die Nutzung der Kamera die historische Einrichtung ansehen. Diese Führung ist für mich ein gelungenes Beispiel für moderne Museumspädagogik: Wo nichts mehr ist, erwecken Bilder und Videos Geschichte wieder zum Leben, und zwar direkt dort, wo sie passierte.
Abgesehen von den großen Sehenswürdigkeiten der Stadt sind viele nette Straßen zu entdecken. Mir hat die Rue des Teinturies gefallen mit einem Kanal und alten verwitterten Wasserrädern. Dort trafen kleine Cafés auf leicht ranzigen Charme und ich habe mich wie in einem französischen Berlin gefühlt. In der Rue de la Bonneterie gab es viele kleine Läden und das Restaurant Veggie & Gourmand, wo wir richtig gut vegan und vegetarisch gegessen haben.
Grundsätzlich würde ich für Avignon nur ein, zwei Tage Aufenthalt empfehlen, wenn es nicht darum geht, spezielle Museen oder Galerien zu besuchen, da die Stadt sich zu Fuß an einem Tag kennenlernen lässt. Eine kleine Enttäuschung bot die Touristeninformation, die nur eine englische Führung je Woche und kaum fremdsprachige Informationen und Prospekte anbot. Für einen Trip in die Stadt empfiehlt es sich, sich vorab Gedanken zu machen oder Französisch zu können.