Die Marken oder in Italienisch „Marche“ standen bisher nicht auf meiner Liste von touristischen Sehenswürdigkeiten. Das liegt wohl auch daran, dass die Region vor allem aufgrund ihrer Badestrände oder dem Wallfahrtsort Loreto bekannt ist.
Meine Highlights in den Marken waren die Hauptstadt der Region, Ancona, eine Höhlenkirche und Kunst in San Benedetto.
Neben Badeurlaub bieten die Marken aber einige schöne Flecken Landschaft, waren Heimat vieler Künstler und zahlreiche kleine Städte und Dörfer sind über ihre Strände hinaus eine Entdeckungstour wert.
Urbino: Weltkulturerbe und Raffaels Geburtsstadt
Für Fans von Architektur und Kunstgeschichte gehört Urbino zu den sehenswerten Ort in den Marken. Hier lassen sich zahlreiche Prachtbauten der Renaissance und Raffaels Geburtshaus bewundern. Ganz vorne dabei bei den Sehenswürdigkeiten der Stadt und Weltkulturerbe ist der Herzogspalast, der Palazzo Ducale. Im Palast lassen sich weitere Renaissance-Kunstwerke von Raffael oder Tizian in einer Gemäldegalerie bewundern.

Meine Highlights waren die Flüstermauer am Herzogspalast und die Aussicht auf die Stadt vom Parco della Resistenza aus. Da Urbino auf einem Hügel liegt, lassen sich vom Park als höchstem natürlichen Punkt aus kostenlos und von Grün umgeben die Stadt und die Stadtmauern bewundern.

Die Flüstermauer ist ein Bereich an der Außenwand des Palastes: Dort hören flüsternde Personen einander, auch wenn sie einige Meter voneinander entfernt stehen. Diese Flüsterecken soll es in mehreren Bereichen des Palastes geben, wir haben es aber nur im Außenbereich ausprobiert.
Mosaik und Wasserfall in Sant‘ Angelo in Vado
Nur eine halbe Stunde Autofahrt von Urbino liegt Sant‘ Angelo in Vado, ein kleines nicht total überlaufenes, sehenswertes Städtchen. Neben einem Spaziergang durch das gepflegte Zentrum bietet die Stadt mit dem Domus del Mito eine historische Sehenswürdigkeit.

Die Stadt entstand auf den Resten einer römischen Siedlung und die Ausgrabungsstätte Domus del Mito zeigt den Aufbau eines klassischen Bürgerhauses im Römischen Reich. Sehenswert sind die detaillierten erhaltenen Mosaike. Tatsächlich gibt es quasi nur den Boden des Hauses zu sehen, allerdings verschafft das Informationsmaterial vor Ort einen guten Eindruck davon, wie das Haus ausgesehen hat. Der Eintritt mit nur drei Euro ist vollkommen in Ordnung. Der Besuch lohnt sich vor allem für Geschichts- und Mosaikbegeisterte, denn mehr als Mosaike und Mauerreste gibt es nicht zu sehen. Als wir vormittags bei der Stätte ankamen, war sie trotz ausgeschriebener Öffnungszeiten geschlossen. Ein Abstecher zur Touristeninformation brachte uns aber nicht nur den Eintritt, sondern auch eine liebevoll gestaltete Karte mit den Sehenswürdigkeiten der Stadt.

Wer schon in Sant Angelo in Vado ist, darf nicht den Sasso-Wasserfall verpassen. Er liegt zwar in einem Gewerbegebiet, aber am Wasserfall ist eine kleine Grünanlage, auf der Wanderer, Reisende oder Fahrradfahrer Pause machen können. Verschiedene Pfade führen direkt vor den Wasserfall oder zum Metauro-Fluss. Wer keinen eigenen Proviant für eine Pause dabei hat, findet gegenüber der Grünfläche einen Imbiss.
Zuckersandstrand in Senigallia
Die Marken bietet zahlreiche Strände und einer der beliebtesten findet sich in Senigallia. Der Strand zieht sich hier über mehrere Kilometer und ist als Samtstrand bekannt. Dazu kommt die klassische Promenade mit Bars, Restaurants und zahlreichen Sport- und Spielmöglichkeiten. Wer seinen Tag am Meer verbringen will, wird von Senigallia begeistert sein. Mir persönlich war der Strandbereich zu trubelig und auf Gewinn hin durchgeplant.
Die Stadt bietet neben Strand eine sehenswerte Altstadt, die zum Flanieren einlädt. Zu den architektonischen Sehenswürdigkeiten gehört die Festung, Rocca Roveresca. Von außen nett anzusehen, beherbergt sie innen ein Museum.

Kitschig-schönes Torri di Palme
Torri di Palme ist ein kleines Dorf auf einem Hügel, so banal und dennoch so schön. Früher durch seine erhöhte Lage an der Küste strategisch zu einer Festung ausgebaut, punktet das Dorf heute durch die Aussicht und mit liebevoll gestalteten Gassen. Hier gibt es wenig überraschend einige Kirchen zu besuchen oder das Archäologische Museum. Am Eingang des Dorfes zeigt eine Karte die architektonischen Sehenswürdigkeiten. Italienische und englische Informationsschilder an den jeweiligen Punkten liefern Fakten zu dem Gesehenen.

Mein Highlight sind die bunten Gassen mit Blumen und anderen Dekorationen. Hier lässt sich durchaus ein Zwischenstopp einlegen und die Gegend um Torri di Palme gilt als Wandergebiet.
Sirolo und Numana: Meeresausblick
Kleine Gassen, nette Lädchen, Strand, aber am schönsten sind die Aussichten auf das Meer und die Küste, die Sirolo und Numana bieten.

Die Aussichtsterrasse von Sirolo ist zugleich die Piazza. Wer Glück hat, findet eine leere Bank und schaut auf die Meeresbucht und im Hintergrund zeigt sich der Monte Conero. Der Monte Conero gehört zum Conero-Nationalpark und dessen Besucherzentrum mit Wanderkarten und weiteren Informationen befindet sich in Sirolo. Eigentlich stand der Berg, der Monte, auch auf unserem Programm. Allerdings waren selbst im sonst so frühlingshaften Juli schon Temperaturen über 30 Grad, sodass lange Wandertouren flachfielen.

Auch in Numana gibt es in der Oberstadt eine Plattform mit ausgezeichneter Aussicht auf die Küste. Dort sind mit einem Turmbogen die Überreste eines mittelalterlichen Wachturms zu sehen. Im Sommer findet in Numana der Tarta Day statt. Die in der lokalen Schildkrötenstation aufgepäppelten Schildkröten werden dann wieder ausgewildert. Wer in der Zeit um Juni und Juli herum in der Nähe ist, prüft am besten die lokalen Veranstaltungsinformationen.
Strandkirche in Portonovo
Badestrände lassen sich in den Marken an der gesamten Küste entdecken. In Portonovo gibt es zusätzlich eine kleine romanische Steinkirche mit Meeresblick. Die Santa Maria di Portonovo ist angeblich über tausend Jahre alt und selbst Dante hätte sie in seiner Göttlichen Komödie erwähnt. Nur wegen der Kirche nach Portonovo zu fahren, würde ich als übertrieben empfinden. Wer aber in der Gegend ist, findet an dieser schlichten aber dadurch umso eindrucksvolleren Kirche bestimmt Gefallen.

Vom Flanieren auf autofreien Straßen
Der typische Marken-Urlaub scheint für Italiener am Strand stattzufinden. Und das in der knallenden Sonne, die einzigen, die am Strand Schatten suchten, waren irgendwelche ausländische Touristen wie wir …
Während ich das Entspannen am Strand als etwas weniger relevante Tradition empfinde, bin ich aber begeistert von dem Aufblühen der Straßen am Abend. Ab einer gewissen Uhrzeit sind die Corsos, die Hauptstraßen mit Geschäften und Restaurants frei von Autos und die Menschen flanieren. Das italienische Wort dafür ist „struscio“: Die Leute spazieren über die Straßen, um gesehen zu werden und Bekannte zu sehen. Dabei sind die Straßen mitunter so voll, dass die Leute sich wortwörtlich aneinander reiben (wofür das italienische Wort strusciare steht)…
Apericena, gefüllte Oliven und Cremini
Die Marken kulinarisch entdecken, heißt, dass viel Fisch, Meeresfrüchte und Fleisch auf den Teller kommt. Eine lokale Spezialität ist beispielsweise die Olive all’ Ascolana. Das sind große grüne Oliven, die mit gewürztem Fleisch gefüllt sind. Als Vegetarier sind das Spezialitäten, die mich jetzt nicht wirklich begeistern …
Charmanterweise ist es durchaus üblich, abseits der größeren Städte in Italien erklären zu müssen, dass ich als Vegetarier auch keinen Fisch esse. Dabei ist die italienische Küche voller vegetarischer Leckereien. Und da spreche ich noch nicht mal vom Eis …
In der italienischen Küche herrscht üblicherweise eine strikte Trennung zwischen herzhaften und süßen Speisen. In den Marken gibt es aber eine Ausnahme: die Cremini. Diese frittierten Stückchen Vanillecreme finden sich hier nur unter den Vorspeisen. Sie sind nicht übermäßig süß, aber für mich zählt das trotzdem eher zu den Nachspeisen.

Die perfekte Kombination aus Eis und Kaffee ist die Crema al Caffè. Die geeiste Kaffeecreme gibt es zwar angeblich überall in Italien, ich habe sie aber das erste Mal hier in den Marken entdeckt. Wer Kaffee und Eis mag, darf sich die Creme nicht entgehen lassen.
Abgesehen von lokalen Gerichten ist vor allem die Art zu speisen, wie das Apericena, eine angenehme Gelegenheit, den Abend mit Essen, Wein und Freunden zu erleben. Beim Apericena werden der Aperitivo und das Abendessen kombiniert. Dabei besteht das Essen aus kleineren, vielen Snacks. Unsere Bekannten erzählten uns, dass es eigentlich ein Buffet gibt und sich die Gäste selbst ein, zwei Speisen holen. Allerdings haben wir es immer erlebt, dass die Auswahl an den Tisch kam. Beim Aperitivo gibt es nur ein, zwei Kleinigkeiten zum Wein oder Bier, das Apericena lässt einen hingegen gut gesättigt zurück.

Mein Fazit zu den Marken: Lohnt sich für alle Italienbegeisterte, vor allem für diejenigen, die Strandurlaub bevorzugen.