Von Ampelfrauen und Architektur
(September 2022 nach einem Besuch im Elbauenpark Überarbeitung und Erweiterung des Artikels)
Zwei Stunden Autofahrt liegt Magdeburg von Berlin entfernt. Ideal für einen Ausflug zum Wintermarkt in der Grünen Zitadelle und einen Besuch des Magdeburger Doms oder des Kunstmuseums im ehemaligen Kloster.
Magdeburg war für mich lange Zeit nur die Landeshauptstadt von Sachsen-Anhalt. Da fließt die Elbe durch. Mehr wusste ich nicht. Als wir 2018 Magdeburg durchwanderten, zeigte sie sich wie eine typische Stadt: aufgehübschte Innenstadt und in den Randbezirken wissen nur die Einheimischen die Schönheit zu schätzen. Das Einzige, das mich wirklich überrascht hat, waren die Ampelfrauen, die ich vorher noch in keiner Stadt gesehen habe.
Das Hundertwasserhaus
Was sich bei meinem ersten absichtlichen Besuch der Stadt im Winter einprägte, war die Grüne Zitadelle. Oder besser gesagt, das Hundertwasserhaus. Darunter lässt sich als Nicht-Magdeburger viel leichter etwas vorstellen. Natürlich nur, sofern man Friedensreich Hundertwasser kennt. Der war ein Künstler und Architekt, der sich durch bunte und runde, dem Auge schmeichelnde Formen meine Begeisterung verdient hat. Aber nicht nur seine Werke sind nett anzusehen, er setzte sich vielmehr auch für den Umweltschutz und eine harmonische Verbindung von Mensch und Natur ein.
Paradebeispiel für seine Kunst ist die Grüne Zitadelle. Die trägt ihren Namen aufgrund der im Frühling und Sommer grünen Bäume und Büsche, die sich am und auf dem Gebäude befinden. Das Gebäude ist schwer zu übersehen mit seiner rosa Wandfarben, den verschnörkelten Türmchen, Kugeln und Säulen. Regelmäßig finden Führungen statt, aber es reicht auch, sich in eines der Cafés zu setzen und die Architektur ungefiltert auf sich wirken zu lassen. In den Innenhöfen gibt es zur Winterzeit einen Wintermarkt mit leckerem Glühwein. Selbst getestet und nicht zu teuer.
Wer sich wie ich für Hundertwasser besonders begeistert, bekommt im ART-Hotel einen Eindruck von der Gestaltung der Innenräume. Sich windende Flure mit Kunstdrucken an der Wand, bunte Zimmertüren und ein Bad in Hundertwasser-Optik sind jedoch nicht zum Schnäppchenpreis zu haben. Wer mal Magdeburger Luft schnuppern will, muss ja auch nicht gleich dort schlafen.
Der Elbauenpark
Der Elbauenpark ist riesig und der Eintritt mit acht Euro für Erwachsene gerechtfertigt. In der Tageskarte ist der Eintritt zum Schmetterlingshaus und zum Jahrtausendturm und die Fahrt mit dem Elbauen-Express mitinbegriffen. Wer nur durch den Park spazieren will, bekommt die Tickets noch günstiger. Allerdings müssen Hundebesitzer auf ihren vierbeinigen Begleiter im Park verzichten. Nur Assistenz- und Blindenhunden ist es erlaubt, in den Park zu kommen. Beim Erstbesuch lohnt sich ein Blick auf die Karte und die Highlights. Auf unserem Plan standen das Schmetterlingshaus, die Sommerrodelbahn und der Jahrtausendturm. Wer alles sehen will, kann sich auch Fahrräder oder Segways ausleihen. Die Parkbahn kürzt ebenfalls Wege ab. Allerdings gibt es nur einen Wagen, der groß genug ist, um einen Kinderwagen mitzunehmen. Da wir aber alle frisch und motiviert waren, sind wir gelaufen.
Der erste Stopp war im Schmetterlingshaus. Der Eintritt ist begrenzt. Wenn es zu voll in dem kleinen Haus ist, öffnen sich die Drehkreuze nicht mehr. Leider haben das einige Besucher nicht verstanden und sich die Schranke für Kinderwagen von der anderen Seiten öffnen lassen. Dementsprechend voll war es in dem Schmetterlingshaus. Zu sehen gibt es neben Schmetterlingen noch Fische, Leguane, Geckos und kleinere Vögel. Mich begeistern Schmetterlinge. Aber hier war es zu voll und mir fehlten Informationen zu den Schmetterlingen und vor allem den Vögeln. Vielleicht bin ich aber auch einfach an den entsprechenden Tafeln vorbeigeschoben worden. Teilweise wirkte die kleine Anlage ungepflegt mit herausgerissenen Pflanzen und den sehr kleinen Käfigen für die Geckos. Das Schmetterlingshaus ist ganzjährig geöffnet und vielleicht haben wir einfach einen schlechten Zeitpunkt für den Besuch erwischt. Ein begleitendes Kind erzählte uns, dass sie hier auf einem Schulausflug waren und sehr viel über Schmetterlinge erfahren haben.
Der zweite unfreiwillig längere Stopp war am Bistro. Dort waren die Mitarbeiter*innen mit dem Andrang anscheinend völlig überfordert, sodass wir lange auf ein kühles Getränk und eine Portion Pommes warteten. Grundsätzlich ist es gar nötig, dort Essen und Getränke zu kaufen, die Mitnahme und der Verzehr von eigener Versorgung ist erlaubt und viele Bänke und Liegen ermöglichen ein gemütliches Picknick. Für die Kinder in unserer Gruppe war das lange Warten nicht so schlimm. Direkt anbei gab es Schaukeln, einen Trimm-Dich-Pfad und ein Trampolinfeld. Für Kinder bieten die vielen Spielplätze einiges an Abwechslung im Park. Im September sahen die Wiesen nach diesem Hitzesommer leider etwas kümmerlich aus. Wer es grün und bunt bevorzugt, wartet am besten mit dem Besuch zum Frühling oder kommt nach einer Regenwoche. Nach der Stärkung ging es vorbei am Kletterfelsen weiter zur Sommerrodelbahn.
Unser letzter Stopp war der Jahrtausendturm, der immer aus der Ferne zu sehen war. Er ist von innen wie außen sehenswert. Von außen und Weitem sieht der 60 Meter hohe Holzturm wie ein Kegel aus und gilt als größte Holz-Leimbinder-Konstruktion der Welt. Innen gibt es auf mehreren Ebenen die Geschichte der Wissenschaft in Form von Experimenten oder Exponaten zu entdecken. Mich hat die unterste Ebene mit dem foucaultschen Pendel, der Mitmach-Mühle und dem Blick nach oben auf die Holzkonstruktion des Turmes am meisten begeistert. Jede Ebene setzt unterschiedliche Themen, die sich mit Mitmachen und Ausprobieren erleben lassen. Bei manchen Experimenten braucht es betreuende Mitarbeiter, die aber immer anzutreffen waren. Auf der obersten Ebene gibt es einen tollen Ausblick auf den Park und Magdeburg. Runter geht es dann auf einem sich um den Turm windenden Weg. Die einzige Schwachstelle der Ausstellung ist, dass nur die unterste Ebene barrierefrei ist. Aufgrund der Holzkonstruktion ist der Turm nur von April bis Oktober geöffnet.
Nicht verpassen: Magdeburger Dom
Wer schon mal in Magdeburg ist und das eventuell zum ersten Mal, für den lohnt es sich, den Magdeburger Dom anzusehen oder das Kloster Unser Lieben Frauen. Der Magdeburger Dom in gotischer Architektur aus dem 12. Jahrhundert gilt als Wahrzeichen der Stadt. Nicht weit entfernt vom Dom liegt das Kloster. Heute beherbergt es ein Kunstmuseum samt Skulpturenpark. Als Bestandteil der romanischen Straße lassen sich der Kreuzgang und der Innenhof des ehemaligen Klosters ohne Eintritt besichtigen. Aber wer schon mal da ist, kann die moderne Kunst gleich mitnehmen.