Wo heute Museum, Galerien, Biergarten, Hostel und Vereine ihren Sitz haben, stand im 19. Jahrhundert noch das Bierbrauen im Mittelpunkt. Das ehemalige Brauereigelände auf dem Pfefferberg hat einige Wandlungen durchgemacht und Spuren der Geschichte und die Highlights der Neunutzung von Industriebauten lassen sich auf einem Spaziergang durch das Pfefferberg-Gelände entdecken.
Kein Pfeffer auf dem Pfefferberg, sondern ein Bierbrauer sorgte für seinen Namen. Mitte des 19. Jahrhunderts als der kleine Hügel noch Ausflugsziel für die Berliner war und eigentlich in der Einöde lag, beschloss Joseph Pfeffer, dass sich hier perfekt Bier brauen und verkaufen ließe. Ein Grund war die praktische Lage auf einem Hügel, die den Bau von Lagerkellern ermöglichte. Die Keller sind so tief, dass sie im Zweiten Weltkrieg als Schutzräume dienten. Mit der Idee, in dieser Gegend eine Brauerei zu gründen, war Pfeffer nicht allein. In der Nähe entstanden nur einige Jahre später die Bötzow-Brauerei und die Schultheiss-Brauerei.
Die Besitzer wechselten schnell auf dem Pfefferberg. Pfeffer selbst hat seine Brauerei schon nach wenigen Jahren verkauft. Bis ins 20. Jahrhundert blieb auf dem Gelände aber die Brauerei samt Biergarten bestehen. Es entstanden weitere Produktions- und Lagerhallen und das Areal wurde um Wohnungen für die Besitzer und Mitarbeiter erweitert.
Nach dem Ersten Weltkrieg nutzten eine Schokoladen- und später eine Brotfabrik die Gebäude um. Nach dem Zweiten Weltkrieg, der Schäden an einzelnen Bauten auf dem Pfefferberg hinterlassen hatte, siedelte sich der Verlag Neues Deutschland dort für eine kurze Zeit an. In der DDR dienten die einzelnen Gebäude dann als Werkstätten, Büros, Garagen und Lagerräume.
Nach der Wende entwickelte sich der Pfefferberg zu einem Kulturstandort. Um das Gelände als Ganzes und als Ort für Kultur zu erhalten, entstand die Stiftung Pfefferberg, die die einzelnen Gebäude verpachtet. Die jeweiligen Pächter entwickelten und sanierten die Gebäude. Mittlerweile finden sich hier Galerien, Künstlerstudios, das Pfefferberg Theater, ein Hostel, das AEDES Architekturforum, das Museum für Architekturzeichnung oder die Schankhalle. Seit 2017 ist der Pfefferberg Teil der Europäischen Route der Industriekultur.
Biergarten und Brauerei
Am besten lässt sich die Architektur vom Eingang an der Schönhauser Allee aus entdecken. An beiden Eingängen, auf der Seite der Schönhauser Straße und der Christinenstraße, gibt es Übersichtspläne, die zeigen, wo sich was befindet und welche Funktion die Gebäude früher hatten.
Ebenerdig zur Schönhauser liegt eigentlich die Markthalle Pfefferberg mit neckischen Läden und leckeren Mittagsangeboten. Eine Überschwemmung im Sommer hat aber dafür gesorgt, dass die Markthalle erst einmal auf unbestimmte Zeit geschlossen ist.
Über Treppen hinauf auf die Terrasse eröffnet sich der älteste Bereich der Brauerei. Der Entwurf dieses Terrassenabschlusses mit Rundbögen und Säulengang geht auf den in Berlin durch die Weiße Stadt bekannten Architekten Otto Rudolf Salvisberg zurück. Er arbeitete zur Erbauungszeit 1911 im Büro des ausführenden Architekten Friedrich Karl Paul Zimmerreimer. Hier liegen unter alten Bäumen und wuchtigen Lampen der Biergarten und die Schankhalle.
Hinter dem Biergarten und dem Theater lässt sich das älteste Gebäude des Pfefferbergs zumindest von außen bewundern. Es ist an einem Säuleneingang erkennbar und stammt aus der Mitte des 19. Jahrhunderts. Links von diesem Gebäude, das als Wohnhaus genutzt wurde, befindet sich ein Hostel und dahinter öffnet sich der Südhof.
Industriearchitektur im Südhof
Vom Südhof aus ergibt sich ein guter Blick auf die bestehenden ehemaligen Produktionsgebäude. Hier gibt es Industriearchitektur des 19 Jahrhunderts zu entdecken mit roten und gelben Backsteinbauten. An Haus 3 liegt beispielsweise eine Treppe, die als Zugang für die Pferde zum Pferdestall diente. Ursprünglich war sie überdacht, das Dach ist zwar nicht mehr erhalten geblieben, aber anhand ihrer Stufenlänge und Höhe lässt sich heute noch erkennen, für welche Benutzer sie gedacht war.
Mitten auf dem Hof klafft eine Öffnung, die für Licht in der Kelleranlage sorgt. Hier liegt beispielsweise Ai Weiweis Studio und Atelier in den tiefen, riesigen Kellern des Pfefferbergs.
Direkt an Haus 2, das heute Ateliers beherbergt und damals eine Flaschenabfüllanlage, schließt das Museum für Architekturzeichnung an, das architektonisch mit den klassischen Backsteinbauten bricht.
Kunst für alle in den Galerien MEINBLAU und neugerriemschneider
Im Südhof in Haus 5 liegt das Atelierhaus MEINBLAU. Es beherbergt verschiedene Ateliers von Künstlern und einen Ausstellungsraum mit regelmäßig wechselnden Ausstellungen, die allen offen stehen.
Im Durchgang auf dem Weg zum Nordhof liegt die Galerie neugerriemschneider. Hier lohnt sich ein Besuch aus zwei Gründen: zunächst einmal wegen der textilen Kunst von Noa Eshkol. Die Ausstellung „textile traces“ präsentiert verschiedene Wandteppiche der Künstlerin. Sie sind bunt und ausdrucksstark. Der zweite Grund ist die Raumgestaltung: Die Räume sind modern, riesig und behalten die Industriearchitektur mit Bögen, hohen Decken und Fenstern bei.
Museum für Architekturzeichnung
Das Museum für Architekturzeichnung am Eingang zum Pfefferberg von der Christinenstraße aus entstand auf Initiative des Architekten Sergei Tchoban und Sergey Kuznetsov. Das Cubix am Alexanderplatz geht beispielsweise auf Entwürfe von Tchoban zurück und in Berlin sind viele seiner Bauten zu entdecken. Kuznetsov ist hingegen vor allem in Moskau mit Projekten tätig.
Seinem Namen wird das Museum auch von außen gerecht: Die Stockwerke des Gebäudes wirken wie versetzt aufeinandergestapelte Kisten. Auffälliger ist nur noch die Gestaltung der sandfarbenen Betonwände, sie zeigen feine Reliefs, die an Architekturskizzen erinnern. Während das obere Stockwerk nur aus Glas zu bestehen scheint, zeigen sich in den unteren nur kleine schmale Fenster. Sehenswert auf jeden Fall, für meinen Geschmack war es mir sowohl von außen als auch innen durch die fehlenden Fenster in den Ausstellungsräumen zu düster.
Im Museum warten ein Empfang und zwei Ausstellungsräume auf die Besucher. Den Empfang erwähne ich, da ein riesiges Bücherregal mit Fachliteratur auf Leser und eine beeindruckend bearbeitete Holzwand auf Bewunderung warten. Der Eintritt kostet 6 Euro, was ich für einen fairen Preis bei den zwei Räumen halte.
Die letzte Ausstellung widmete sich der brasilianischen Architektin Lina Bo Bardi mit Fotos, Skizzen und Erläuterungen zu ihren architektonischen Ansätzen. Die nächste Ausstellung startet Mitte Oktober bis dahin ist das Museum geschlossen. In der neuen Ausstellung gibt es Grafiken und Darstellungen aus der Albertina zu sehen, die verschiedene Städte zeigen.
Direkt gegenüber dem Museum liegt ein weiterer architektonischer Blickfang: das Atelierhaus Pfefferberg. Die geschwungene Metallfassade dient als Lichtschutz und lässt sich bewegen, sodass je nach Sonnenstand die Fassade immer anders aussehen kann.
Das Architekturforum Aedes
Zählt Architektur zu Kunst oder Handwerk? Diese nette Diskussion lässt sich beim Besuch im Architekturforum Aedes vertiefen. Es liegt in der Christinenstraße quasi im Nordbereich des Areals. Da ich an einem Samstag das Gelände erkundete, kann ich zur momentanen Ausstellung wenig sagen, da das der einzige Tag ist, an dem die Ausstellungsräume geschlossen sind.
Thematisch widmen sich die wechselnden Ausstellungen der internationalen Baukultur und Architektur. Bis Mitte Oktober läuft eine Ausstellung, die einen architektonischen Blick auf Pompeji wirft. Zum Architekturforum gehören auch ein Café und Veranstaltungsräume. Regelmäßig finden Veranstaltungen rund um das Thema Architektur statt.
Vom Nordhof aus geht es dann wieder zurück Richtung Biergarten. Nach einem Spaziergang über das Gelände bietet sich die Schankhalle als Zwischenstopp mit Bier und regionaler Speisekarte an. Bei gutem Wetter lässt es sich in dem Biergarten lange aushalten.