Das Regierungsviertel mit dem Reichstagsgebäude, dem Bundeskanzleramt oder dem Marie-Elisabeth-Lüders-Haus ist architektonisch und politisch schon ein Highlight in Berlin. Etwas abseits von diesen touristischen Hotspots liegt am Schiffbauerdamm das Parlament der Bäume, das der Mauertoten gedenkt. Zwischen den neuen, modernen oder sanierten Gebäuden wirkt das Areal mit den Bäumen, dem Wildwuchs und bemalten Steinen wie aus der Zeit gefallen und zugleich wie eine grüne Oase zwischen all dem Beton, Stahl und Glas.
Seit 2017 steht das Parlament der Bäume unter Denkmalschutz. Der Gedenkort ist eine Installation, die aus Bäumen, Gedenksteinen, Bildern und Texten besteht. Sie geht auf eine Idee von Ben Wagin zurück, der sich in Berlin immer wieder mit Kunstaktionen für die Umwelt und den Frieden einsetzte. Als der Gedenkort 1990 auf seine Initiative hin entstand, hatte er eine größere Fläche als heute zur Verfügung.
Der Ausbau des Regierungsviertels und vor allem des Marie-Elisabeth-Lüders-Hauses fand später teilweise auf dem Gelände des Gedenkortes statt. Dadurch verkleinerte sich die Anlage und einige Mauersegmente, die ursprünglich dort standen, gelangten als Ausstellung in das Marie-Elisabeth-Lüders-Haus. Unter dem Namen „Mauer-Mahnmal“ sind dort nicht nur Reste der Mauer mit Opferzahlen zu sehen, es liegt auch ein Mauertoten-Gedenkbuch aus.
Das Areal des Parlaments der Bäume wirkt zweigeteilt: Zu sehen gibt es Mauerelemente des Grenzstreifens, die von verschiedenen Künstlern gestaltet sind und die einen Gang bilden. Daneben liegt ein parkähnlicher Bereich mit Gedenksteinen, Wiese und Bäumen. 16 Bäume pflanzten ursprünglich die Ministerpräsidenten oder Vertreter der Bundesländer. Die ganze Anlage wirkt wie ein kleiner Naturpark. Manche der Mauerstücke sind überwuchert, das Gras wächst wild und dieser Ort erscheint mir durch diese Natürlichkeit friedlich, erinnert aber durch die Gedenksteine auch an einen Friedhof.
Das Parlament der Bäume gedenkt mit den authentischen Überresten der Maueranlage, Steinen und Texten an die Toten der Berliner Mauer. Und dabei nicht nur an diejenigen, die versuchten, aus der DDR zu fliehen. 258 Namen von Mauertoten erinnerten an ein inhumanes System und sollen damit ein Bewusstsein für Ungerechtigkeit schaffen. Den neuesten Forschungen nach sind 140 Todesopfer an der Berliner Mauer nachweisbar. 101 Flüchtlinge starben beim Versuch, zu fliehen. Die anderen Opfer wurden getötet ohne nachweisliche Fluchtabsicht, darunter neun Soldaten.
Seit 2021 gehört das Parlament der Bäume zur Stiftung Berliner Mauer und es finden auf dem Areal regelmäßig Veranstaltungen wie Workshops und Führungen statt. Der Eintritt ist frei und die Anlage ist von freitags bis sonntags bis Oktober von 11 bis 17 Uhr zugänglich.