Auf Entdeckungstour durch Berlin und die Welt
Sowjetisches Ehrenmal in Treptow: Blick auf die steinernen Fahnen.

Monumental: das sowjetische Ehrenmal im Treptower Park

Der Eingang zum sowjetischen Ehrenmal im Treptower Park ist ein schlichter Steinbogen. Doch der Blick auf die Informationstafel lässt Großes erwarten und zeigt per Luftaufnahme die Symmetrie der Anlage. Hier wurde nicht gekleckert, sondern richtig geklotzt. Das gesamte Denkmal von den Bäumen, den Figuren bis hin zu den Bodenplatten trieft vor Symbolik. Das sowjetische Ehrenmal entstand nach den Entwürfen eines Kollektivs, zu dem der Architekt Jakow Belopolski, der Bildhauer Jewgeni Wutschetitsch, der Maler Alexander Gorpenko und die Ingenieurin Sarra Walerius gehörten. Die Künstler und Architekten haben auf alles zurückgegriffen, was die Denkmalskunst hergibt: Triumphbogen am Eingang, die pylonenartigen Fahnenskulpturen als Öffnungsbereich hin zur eigentlichen Anlage, Sarkophage und Terrasse vor der riesigen Soldatenfigur und letztendlich die Figur auf einer antiken Grabhügeln nachempfundenen Anhöhe.

Überall, selbst an den Zäunen, ist der Stern als Symbol der UdSSR wiederzufinden. Dass große Mengen des für die Anlage benutzten Granitsteins aus einem Lager der Nationalsozialisten stammte, das für den Ausbau Berlins zur Hauptstadt Germania gedacht war, macht das Ehrenmal noch mehr zu einem Symbol für die Überwindung des Nationalsozialismus. Innerhalb von zwei Jahren entstand die Anlage und die mehr als 1000 Arbeiter wurden materiell mit zusätzlichen Rationen ermuntert oder entsprechend diszipliniert. Trotz der Pathetik und Größe gehört das Denkmal für mich zu einem der schönsten in Berlin.

Vom Eingang an der Puschkinallee führt ein schattiger Weg zu einer Frauenfigur. Die Frau steht für die Mutter Heimat, die ihre Söhne verloren hat. Die Figur ist in einem Halbrund von Bäumen umgeben und von hier aus führen Wege mit Trauerbirken zum eigentlichen Denkmal.

Die Alleen lotsen den Besucher zu zwei roten steinernen Fahnen, vor denen zwei Soldaten knien. Wer genau hinschaut, sieht, dass die Soldaten sich im Alter unterscheiden. Die Fahnen sind gesenkt. Zwischen ihnen gibt es den optimalen Blick auf den Grabhügel mit der Figur des Befreiers. Hier zeigt sich, dass diese riesige Anlage für die Besucher unterschiedliche Aufgaben erfüllt. Der Jogger hat eine Laufstrecke mit Treppen für das Fitnessworkout. Hobbyfotografen und Touristen bekommen vortreffliche Motive. Die frischen Blumen bei den Soldaten, den steinernen Gedenkkränzen, in der Rotunde des Grabhügels und auf der Gedenkplatte zeugen davon, dass die 5000 Soldaten, die hier begraben liegen, nicht vergessen sind. An den Treppen, die hinunter zur Terrasse führen, finden sich zwei Birken, die eine Gedenkplatte einrahmen. Der Überlieferung nach stammen diese zwei Birken aus Smolensk und erinnern an die sowjetische Heimat.

Die Terrasse ist eingerahmt mit 16 Sarkophagen. Auf diesen sind Stalinzitate, die einem Schauer über den Rücken jagen lassen, sofern einem die Fakten über die Stalinära und deren Opfer bekannt sind. Abgesehen von Zitaten, zeigen sie unterschiedliche Szenen des „Großen Vaterländischen Krieges“, wie der sowjetische Krieg gegen Nazideutschland in Russland bezeichnet wird. Die Sarkophage stehen für die Unionsrepubliken, aus denen sich die Sowjetunion zusammensetzte. Gut, eigentlich waren es nur 15, aber um die Symmetrie zu gewährleisten, sind es 16. In der Mitte der Terrasse sind stilisierte Gedenkkränze. Die Überreste der Soldaten liegen nicht unter den Sarkophagen, sondern sind dahinter auf den Grünflächen eingerahmt von Platanen bestattet. Sie bleiben quasi anonym und verdeutlichen, dass es bei dieser Anlage weniger um Trauer als mehr um die Anerkennung des Sieges und der Aufopferung geht.

Markantester Punkt des sowjetischen Ehrenmals ist die Figur des Befreiers: eine riesige Soldatenfigur, die ein Kind auf den Arm hält und unter seinen Füßen ein zerstörtes Hitlerkreuz hat. Hier ist keine Erklärung der Symbolik mehr nötig. Der Soldat wiegt über 70 Tonnen und besteht aus Bronze. Um die Figur des „Befreiers“ rankten sich schnell Legenden, dass er einer wahren Person und einer wahren Rettungsaktion nachempfunden sei. Der Bildhauer hat dazu erklärt, dass er durchaus ein Model für den Soldaten nutzte, aber das Kind lediglich Symbolcharakter habe. Unter der Soldatenfigur befindet sich auf dem Grabhügel ein kleiner Raum mit einem Mosaik, auf dem Trauernde gezeigt werden. Ein etwas verrenkter Blick nach oben an die Decke des Raums zeigt ein Siegeskreuz, das aus einem deutschen Flagwerfer angefertigt wurde.

Das Beeindruckende an dem sowjetischen Ehrenmal ist eindeutig die Größe und Symmetrie. Es ist nie mit Touristen überlaufen, so dass Besucher sich in Ruhe auf eine der Bänke setzen können, um ein Buch zu lesen, zu essen oder zu pausieren. Voll und pathetisch soll es jedes Jahr am 9. Mai sein, wenn Gedenkveranstaltungen zum Tag der Befreiung stattfinden. Momentan ist das Gelände eine Baustelle, aber dennoch offen. Es sind immer einzelne Bereiche abgesperrt. Es finden Sanierungen und Maßnahmen für mehr Barrierefreiheit statt. Deswegen ist bis Mai nur der Eingang an der Puschkinallee offen.

Comments (1):

  1. sylvia

    11. Januar 2021 at 11:56

    immer wieder schön, altes neu zu entdecken

    Antworten

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert