Auf Entdeckungstour durch Berlin und die Welt
Eine Gedenktafel eingerahmt von zwei Soldatenhelmen, in denen rosa Plastikblumen stecken.

Gedenken am Straßenrand: eine Plakette für Ernst Friedrich

Die rosafarbenen Blumen in Helmen ließen mich vom eigentlichen Weg abkommen und in die Parochialstraße einbiegen. Hier steht das Neue Stadthaus, ein großes klobiges Verwaltungsgebäude, das bisher für mich wenig reizvoll schien. Eines der größten deutschen Standesämter befindet sich heute im Gebäude.

Das erste Anti-Kriegsmuseum

Die Gedenktafel zwischen den Helmen erinnert an ein Haus das hier vor dem Bau des Stadthauses stand und in diesem befand sich das erste internationale Anti-Kriegsmuseum. Ernst Friedrich gründete das Museum in den 20er Jahren des 20. Jahrhunderts, um Kriegspropaganda zu entlarven. Bekannt wurde Friedrich vor allem durch das von ihm zusammengestellte und herausgegebene Buch „Krieg dem Kriege“. Das Buch zeigt Fotos von toten und verletzten Soldaten, die zu der damaligen Helden- und Kriegsverehrung im Widerspruch standen.

Gedenktafel zur Erinnerung an das erste internationale Anti-Kriegsmuseum, das von Ernst Friedrich eröffnet wurde.

Das Leben Friedrichs war geprägt von anarchistisch-pazifistischen Aktivitäten durch Flugschriften, Versammlungen oder Reden. Im Ersten Weltkrieg verweigerte er den Kriegsdienst und landete im Gefängnis. Während des Aufstiegs der Nazis eine antiautoritäre und antimilitaristische Haltung zu vertreten, verursachte Schwierigkeiten. 1933 zerstörten SA-Leute das Museum und Ernst Friedrich verließ Deutschland, nachdem er aus der „Schutzhaft“ entlassen worden war. Die Suche nach einem sicheren Exil führte von der Tschechoslowakei in die Schweiz und dann nach Belgien. In Deutschland war er mittlerweile gesucht und zum Tode verurteilt worden. In Brüssel eröffnete er bis zum Einmarsch der deutschen Truppen für kurze Zeit ein neues Museum. Nach deren Invasion floh er nach Frankreich und wurde dort interniert. Nachdem er aus dem Lager fliehen konnte, schloss er, der Pazifist, sich der Résistance an. Nach dem Krieg blieb er in Frankreich und wurde französischer Staatsbürger. Seine pazifistischen Bestrebungen setzte er fort, konnte aber nie mehr solche Aufmerksamkeit erregen wie in den 20er Jahren als er mit dem Museum und seinem Buch über die Grausamkeiten des Krieges aufrüttelte.

Ein Anti-Kriegsmuseum gibt es mittlerweile wieder in Berlin. Diesmal an einem anderen Standort in der Brüsseler Straße, betrieben von einem Enkel Friedrichs und Ehrenamtlichen. Im Vergleich zum ersten Berliner Anti-Kriegsmuseum ist ein Weltkrieg und zahlreiche andere Kriege in die Dokumentation aufgenommen worden. Ein weiteres Berliner Museum, das auf meine Liste für Schlecht-Wetter-Tage kommt …

Comments (1):

  1. Tina

    20. Juli 2022 at 10:18

    Toll, was man in Berlin nebenbei alles entdecken kann, wenn man die Augen offen hält! Das Museum werde ich mir auf jeden Fall auch merken, danke. Liebe Grüße, Tina

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